Ich fahre zufällig in Berlin einen wunderschönen Weg an der Spree von Charlottenburg Richtung Kreuzberg zurück. Es ist so beschaulich und ruhig, dass ich einen Moment verunsichert bin, ob ich den richtigen Weg eingeschlagen habe. Eine Radfahrerin hinter mir niest, ich drehe mich um und wünsche ihr Gesundheit.

„Danke,“ sagt sie und nickt mir zu.
Ich: „Kurze Frage: Wo bin ich hier?“
Sie: „Auf dem Planeten Erde.“
Einen Moment kommt mir der Verdacht auf, sie hält mich für eine Touristin: „Ich muss zurück in die Zivilisation nach Kreuzberg und habe die Orientierung verloren.“
Sie grinst: „Da muss ich auch hin. Wir fahren hier jetzt einfach nur weiter entlang und kommen am Tiergarten raus.“

Es ist wirklich ein traumhafter Weg, der einem Berlin noch mal von einer ganz anderen Seite zeigt. Wir beide quatschen so das Übliche im Berlinkontext, u.a. dass wir eigentlich die Nase voll haben von unseren nervigen Bezirken.
Sie: „Na früher war es ja auch schlimm in Neukölln, heute ist es halt mit den ganzen gentrifizierenden Muttis und Papis anders schlimm.“

Sie erzählt mir den einen oder anderen Schwenk aus ihrem alt-linken Leben in Kreuzkölln. Zum Abschied: „Und weeßte, da war ich mal wieder seit langem im Regierungsviertel mit seinen Beton- und Glaskästen, Du und ick hab mir da total verfahren. Ick wusste da och nich‘ mehr, wo ick bin. Mein Kumpel hat sich tot gelacht. Da hab ick zu ihm jesacht: ‚hör mal, mein Lieber, ick bin eene Frau, ich orientier‘ mich an Bäumen und nich‘ an Straßennamen.“

Sie winkt mir noch fröhlich zu und zischt durch die Fußgängerfurt der Mall auf Berlin Richtung Süden weiter. Manche Wesen hier wirken tatsächlich wie von einem anderen Stern.