Meinen alten Nachbarn finde ich in seinem Bett liegend vor.
Er: „Du willst bestimmt mit mir raus, aber ich fühle mich heute nicht besonders. Ich bleibe heute drin, Morgen vielleicht.“
Ich: „Okay. Was heißt denn ’nicht besonders‘? Ist es wegen der Hitze?“
Er: „Ich weiß es nicht. Ich fühl‘ mich halt nicht so.“
Ich: „Hm, spürst Du das irgendwo in Deinem Körper?“
Er fasst sich an sein Herz. „Ja, irgendwie spüre ich mein Herz.“ Er streicht über die Stelle auf dem T-Shirt-Stoff. „Ich bin halt ein alter Knacker.“ Er lacht.
Mir kommen spontan Tränen. Ich messe ihm Blutdruck und Puls, alles soweit unauffällig.
Ich gebe meinem Kompagnon im Beduddeln unseres alten Nachbarn im Haus Bescheid.
Ich: „Er sagt, er hat Herzschmerzen, aber es sieht alles erstmal okay aus.“
Er (heftig): „Ach, er lügt! Er hat nur keine Lust raus zu gehen. Das tut er immer, er lügt einfach, wenn er irgendwas nicht will!“
Ich (irritiert): „Also ich glaube nicht, dass jemand ausgerechnet Herzschmerzen erfindet, wenn er etwas nicht will. Er hat mir sonst ja auch mal gesagt, dass er keine Lust hat. Das wird jetzt auch mit der Hitze zusammen hängen und dass er zu wenig trinkt.“
Er (weiser): „Okay, vielleicht hast Du Recht.“
Wir schweigen einen Moment. Die Hitze, das Alter, es ist alles nicht selbstverständlich.
Er (leiser): „Ich glaube, ich habe gerade einfach nur etwas Angst.“