Heute habe ich eine kleine Kiste durchgesehen auf der Suche nach etwas, was ich natürlich nicht gefunden habe. Dafür kamen alte Schätze zum Vorschein, die ich bereits vergessen hatte, u.a. ein kurzer Zeitungsausschnitt von ‚keine-Ahnung-wann‘.

Dieser fasst ein paar Aphorismen vom 2. Aphoristikertreffen in Hattingen (wo auch immer das ist) zusammen, unter derem Motto „Der Aphorismus zwischen Wortspiel und Erkenntnis“ ein paar wirkliche schöne und erinnerungswürdige Sprüche ausgewählt worden sind. Hier wiederum meine Selektion daraus:

„Man muss schon sehr unbedeutend sein, um keine Feinde zu haben.“ (Charlotte Böhler-Müller) – Diesen tollen und sehr durcherprobten Spruch sage ich mir und anderen immer wieder, wenn ich/sie gerade mal wieder eine gebitcht bekommen habe/n.

„Die an Gott Verzweifelnden wurden Humanisten, die am Menschen Zweifelnden Tierschützer.“ (Anselm Vogt) – So traurig, wie wahr. Und das leider nicht erst seitdem es Julia Klöckner im Landwirtschaftsministerium gibt.

„Manche Bücher wissen, dass sie Tausende Leser finden, und lassen es jeden einzelnen spüren.“ (Tobias Güterich) – Diese Erkenntnis lässt mich an meine Deutschlehrerin in der Oberstufe denken, die mit uns den Unterschied zwischen Bestsellern und Klassikern durchnahm. Das eine kann zum anderen werden, ist aber eher selten.

„Auch der richtige Wind / bringt mein Boot / nicht an sein Ziel, / wenn ich es nicht / losbinde.“ (Karin Jahnke) – Das erinnert mich an den Spruch meiner Akupunktur-Lehrerin, die zum Thema der inneren Antriebslosigkeit mal ähnlich sagte: „Ich kann nicht im Lotto gewinnen, wenn ich den Schein nicht ausfülle.“ Das kann ich mir tatsächlich eher merken.

„Manche leben so vorsichtig, dass sie wie neu sterben.“ (Michael Richter) – Keine Worte. Alles gesagt.

„Mancher Weg ist so tief ausgetreten, dass niemand ihn verlassen kann.“ (Holger Uwe Seitz) – Eine schöne Beschreibung für jene hässlichen Massenphänomene. Und die meinen Automatismen.

„Treue muss Bedürfnis sein, nicht Tugend.“ (Charlotte Böhler-Müller) – Ein Bekannter von mir las diese Worte und musste anfangen zu weinen. Seine Beziehung ging gerade zu Ende, da sie einen anderen getroffen hatte.

„Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Zu seiner Entschuldigung muss man sagen, dass der Mensch dem Menschen oft auch ein Schaf ist.“ (Arthur Feldmann) – Oh Man, so als ob man in einen Spiegel schauen würde.

„Wie arm müssen sich am Hafen von Monte Carlo die Besitzer der kleinen Yachten vorkommen!“ (Peter Hohl) – Wer schon mal in einem solchen Hafen gestanden hat, wird diesen Gedanken durchaus nachvollziehen können. Und gleichzeitig weist er auf den Umstand seiner eigenen Sinnfreiheit hin.

„Würden weniger Namen gesammelt, hinge mehr Kunst in den Museen.“ (Christian Weber) – Hier muss ich besonders an meine Freundin Ina denken, die im Affenzirkus der Kunstproduktion tätig war und immer mal wieder darüber stöhnte, jenen Ego-getriebenen Selbstdarstellern eine Bühne bieten zu müssen, hinter welcher die Kunst als Mittel zum Zweck verkam.

„Einfache Rechnung: Die Radkappen nehmen zu, die Polkappen nehmen ab.“ (Oliver Tietze) – Anlässlich des aktuellen virtuellen Parteitages der Grünen und der Debatten um den Kampf gegen den Klimawandel – wie lange beschwören wir bereits unseren eigenen Untergang ohne ernsthaft etwas dagegen zu tun? Wie Bruno Ganz in einem Interview mal sagte: „Gott erschuf den Menschen, um die Erde zu zerstören.“