An der Kasse eines großen Warenladens für technische Errungenschaften läuft ein älterer Herr an dem Aufsteller „Bitte hier warten – Sie werden aufgerufen“ und damit an uns in der Schlange Stehenden vorbei und stellt sich direkt hinter denjenigen, welcher gerade bedient wird.

Ich übe mich gerade in möglichst höflichem Zurechtweisen in Alltagssituationen, gehe hin und fasse den Mann vorsichtig am Ärmel, da er mein „Hallo“ nicht zu hören scheint. „Entschuldigen Sie, aber das Ende der Schlange ist hinter mir.“
Sein Gehör und auch meine Berührung scheint er nicht räumlich orten zu können, er dreht sich nicht zu mir um, sondern zu einem jungen Mann, der auf der anderen Seite hinter ihm steht.
„Ja, und Sie stehen auch hinter mir!“ Blafft dieser ihn an.
„Na, wenn Sie hier in der Gegend so einfach rumlungern!“ Fährt ihn der Ältere an.
„Ich lungere nicht, ich halte Abstand. Dafür sind die Punkte hier am Boden.“ Der Jüngere zeigt auf die Markierungen am Boden.
„Sie gucken sich doch hier in der Gegend um, da habe ich gedacht, Sie stehen hier gar nicht an.“ Der Ältere hebt seine Arme abwehrend, während er sich an das Ende der Schlange bewegt.
„Was soll ich denn anderes machen, wenn ich hier rumstehe und warte?“ Schnauzt der Jüngere.

Der nun von allen Seiten zurecht Gewiesene stellt sich schließlich hinter mich. Ich sage höflich: „Wenn Sie es eilig haben, kann ich Sie auch vorlassen.“
„Natürlich habe ich es NICHT eilig.“ Brummt er.
Ich nicke. Zufrieden.

Im 2. Laden ein Stockwerk tiefer laufe ich auf die Kasse zu und eine junge Frau kommt mir entgegen. Als sie sieht, dass ich bezahlen möchte, verzieht sie die Mundwinkel, dreht ab und bewegt sich hinter die Kasse. Sie nickt mir kurz zu.
Der Preis beläuft sich auf 5,68 EUR. Ich gebe ihr 50,70 EUR, da ich darauf spekuliere, einen 5-EUR-Schein zurück zu bekommen. Als sie sieht, dass ich noch 7 Cent klein habe, sagt sie, dass ich sie ihr geben soll, das wäre okay – auf englisch. Ich bin überrascht, dass nicht nur in den Hipster-Restaurants oder -Bars, sondern bereits in den Neuköllner Bio-Supermärkten nur noch Englisch gesprochen wird. Also hat sie 50,67 EUR in der Hand. Ich habe es so verstanden, dass sie mir einen Cent schenken wolle.
Sie gibt mir dann 4,30 EUR zurück.

Ich sage zu ihr, dass ich statt der 30 Cent einen Euro zurück bekomme, also 5 EUR. Sie wird etwas zickig im Ton und sagt, das sei einfache Mathematik und ich bekäme keinen Euro. Ich sage, dass wir das gerne aufschreiben können, dann würde uns beiden Mathematik vielleicht klarer werden. Sie sagt: „NoNo, you gave me 7 Cents, so you get 30 Cents back.“
Ich sage ihr, dass ich ihr 67 Cents gegeben hätte und daher 5 EUR zurück bekäme (genau genommen eigentlich 4,99 Euro).
So geht das noch ein paar Mal hin und her, sie wird lauter und hitziger, ich ebenfalls. Eine Frau hinter uns schaut uns stumm zu.

„You know what“, sagt die Dame an der Kasse. „Take the Euro! It’s my last day here in this shithole. I’m done!“
„Oh, good luck then,“ sage ich.
„I have a wonderful life. I don’t need this crap here.“ Fügt sie hinzu.
„I don’t doubt it.“ Ich nicke.
„I have so much other good things in my life.“ Sie schnaubt und knallt mir den 5-Euro-Schein hin.
„Great. Thanks.“ Ich versuche zu lächeln. Doch fühle ich eine große Erschöpfung. Noch eine weitere Kasse heute packe ich nicht.