Und nun das: mit Hund unterwegs in Neukölln. Das Ein oder das Andere allein reicht ja schon zum halben Heldentum. Nun denn: Wenn schon, denn schon. Und so potenziert sich der Alltag einfach noch mal hoch2.

Wie man so auf den Hund kommt: man sagt in einem nicht ganz übersichtlichen Moment Ja, weil man ja schon als Kind einen Hund haben wollte und das kann ja nicht so schwer sein und dann ist es plötzlich so und man fragt sich zum ersten Mal im Leben etwas fassungslos, wie all die unzähligen Hundebesitzer:innen um einen herum das schaffen und teilweise haben die ihre Hunde schon Zeit ihres und des eigenen Lebens und dazu noch Kinder und ein Haus und einen Vollzeitjob und irgendwie noch ein Sozialleben mit Kultur, Urlaub und Freunden.
Nach einem Jahr mit Hund habe ich darauf noch keine Antwort, nur vielleicht immer mehr eine Ahnung: einem muss in vielfacher Hinsicht so einiges einfach Wurscht sein.

Unser Hundchen ist toll – by the way. Er frisst keine Kacke oder anderen Müll auf Gehwegen, er beißt keine Schuhe, Stuhlbeine oder Ladekabel kaputt, er bettelt nicht, er ist nicht ungestüm oder laut, er respektiert Katzen und kann daher zu Freunden und Geschwistern mal abgegeben werden, die Katzen zuhause haben und was mit das Beste ist: er rennt keinem Ball oder Stöckchen hinterher – das Werfen von Dingen, damit jemand es wieder bringt, finde ich nämlich ziemlich überflüssig. Er wohl auch.

Nun zu den Mankos: unser Hund muss im wahrsten Sinne des Wortes zum Fressen getragen bzw. teilweise sogar gefüttert werden. ‚Essen ist nicht so sein Ding‚ (Sagte eine Tierflüsterin, die wir tatsächlich kontaktiert hatten). Das kann mindestens genauso stressen wie ein Hund, bei dem man nicht mal das Studentenfutter auf dem Tisch stehen lassen kann. Anfangs sagte ich mir, dass ich mich niemals dazu bewegen lassen würde in dieses stinkende Nassfutter reinzugreifen und es einer kleinen Hundeschnauze hinzuhalten – er wird schon fressen, wenn er Hunger hat.
Tja, das habe ich nicht lange durchgehalten. Ziemlich bald krabbelte ich dem Köterchen auf allen Vieren hinterher und hielt ihm geformte Fleischbällchen hin.
Ich sagte auch, dass ich niemals mit dem Barfen anfangen würde – ekliges Zeug.
Natürlich barfen wir jetzt, das frisst er so einigermaßen (selbständig). Mein Aversion gegen blutende Schlachthofreste kann bestimmt auch jeder Nicht-Veganer nachvollziehen. Nun weiß man natürlich, dass selbst der schön in Dosen verpackte Fraß ja nicht weniger von Schlachthöfen stammt. Trotzdem gerate ich schon manchmal ganz schön an meine Grenzen, wenn mir beim Öffnen der Packungen Blut und Gedärm ins Gesicht spritzt oder der Geruch von rohem Pansen am Morgen das Zäpfchen reizt. Rohe Hühnergurgeln in den Händen halten und sich daran erfreuen, dass das Hündchen diese knackend verspeist – ich erkenne mich selbst nicht wieder. Mittlerweile ist man einfach dankbar, wenn das Hundchen was im Magen hat und man nicht ewig am Wegwerfen von all den toten Tieren ist.

Ich habe auch gesagt, dass der Hund niemals mit ins Bett kommen würde. Naja. Lassen wir das.

Dann noch so: der Vierbeiner hat einen ausgeprägten Bewegungsdrang und könnte 24/7 draußen unterwegs sein. So sympathisch das klingen mag – von wegen viel an der frischen Luft und so – man kann sich nicht vorstellen, wie viel Lebenszeit dabei drauf geht. Bis zu drei Stunden an regulären Tagen, am Wochenende ist man teilweise mehr zugange. Und es stimmt einfach nicht, dass man mit Hund nicht mehr krank wird! Man wird es trotzdem und sollte es jedoch tunlichst vermeiden, denn sich mit bösen Erkältungen drei Mal am Tag raus zu schleppen ist echt kein Spaß.

Apropos sich-was-einfangen: was einem auch im wahrsten Sinne des Wortes irgendwann Wurscht werden sollte (ich arbeite noch dran), sonst dreht man durch – ist die Frage, wo so eine Hundeschnauze überall so drin stecken kann. Ich will hier nicht ins Detail gehen. Unser Hündchen bringt zwar keine Stöckchen zurück, dafür ist sein hormonelles Interesse an anderen Hunden umso ausgeprägter. Und das mit der Nase und Zunge voran.
Das Besteigen, Be-Rammeln sowie ferngesteuerte Hinterherrennen läufiger Hündinnen hat mich auch schon so manche zwecklos Kommando-brüllende Spurteinheit gekostet – man macht sich kein Bild, wie schnell so ein Sch***-Dackel rennen kann.

Apropos Rennen: Ich trage jetzt eine Schuhgröße größer – vom ganzen Rumgelatsche hat sich mein Fußgewölbe abgesenkt und benötigen tue ich so ergonomische Schuhe – Fußschmerzen kannte ich eigentlich nur von Städtereisen. Nun trage ich sie in der meinen Stadt und dabei ist es auch schon egal, dass es diese orthopädischen Schuhe nicht in ästhetisch gibt, vielmehr regt mich auf, was diese un-fancy Dinger kosten! Überhaupt die Kosten: Futter, Steuer, Tierarzt (wir müssen leider regelmäßig hin, um seine Analdrüsen ausdrücken zu lassen… noch so ein ganz schreckliches Thema), wie bezahlen das all die Aber-Millionen Hundebesitzer:innen um einen herum? Eine Katze zu unterhalten ist ein Schnäppchen dagegen.

Nun gibt es natürlich auch sehr viele nette Dinge rundum das Hundeleben (abgesehen davon, dass man irgendwann anfängt dieses kleine Wesen wahrhaft zu lieben): Begegnungen mit Menschen, mit denen man sonst nie in Kontakt gekommen wäre (bei einigen hätt ich das vorgezogen), aber wenn man dann so auf einer Parkbank sitzt, mit einem schluffigen Herrn nahezu meditativ das Treiben der Vierbeiner betrachtet oder mit einer Rosi und den gemeinsamen Tölen durch die Pfützen einer verregneten Hasenheide stapft, den einen oder anderen Schwank aus deren Leben hört, dann ist es eigentlich recht schön – mit Hund leben in Neukölln.