In einem Café sitzen zwei junge Frauen am Nachbartisch. Sie haben sich die Schuhe ausgezogen und fletzen entspannt mit herangezogenen Knien auf der Bank.

Die eine fragt: „Was würdest Du machen, wenn Du richtig viel Mut hättest?“

Ich lausche gebannt auf die Antwort jener spannenden Frage, doch aus den murmelnden Wortsilben der Gesprächspartnerin werde ich nicht schlau. Ihre Freundin wohl ebensowenig, sie dringt auf sie ein. „Sag, was würdest Du tun, wenn Du richtig mutig wärst? Wenn Du Dir keine Gedanken machen würdest und keine Angst hättest?“

Wieder kann ich nichts Weiterführendes von der anderen vernehmen. Ihre Stimme ist wesentlich gedämpfter als die ihrer Freundin, so als würde sie (berechtigterweise) befürchten, es könne jemand hören, wovor sie am meisten Angst verspürt… denn das ist es ja auch – wofür wir Mut zu brauchen scheinen, da steht wohl auch die Furcht.

Die Fragestellerin hingegen verkündet (mir) laut und deutlich: „Wenn ich richtig, also so voll und ganz mutig wäre, dann würde ich mir erlauben langsam zu sein.“ Einen Moment bin ich getroffen. Allein diese Aussage über jenes Bedürfnis nach der eigenen Langsamkeit erscheint mir bereits als unendlich mutig.

Ihre Freundin murmelt wieder irgendwas in den Orbit. Bevor ich ihrer beider folgendes Gebrabbel über die tiefe Liebe zu irgendeinem Typen an mir vorbei rauschen lasse,  schaue ich einen Moment aus dem Fenster auf den vorabendlichen Platz. Gefühlt bin ich oft ziemlich langsam. Vielleicht muss ich zu jener Vollendung noch die Angst davor zulassen.